München (ots) –
Symptome wie heftige Bauchschmerzen, Müdigkeit oder Angstzustände schränken die Betroffenen enorm ein.
Fehldiagnosen sind bei akuter Porphyrie häufig und es dauert oft viele Jahre, bis die Erkrankung erkannt wird.
Ein einfacher Selbsttest kann einen ersten Hinweis auf eine akute Porphyrie geben.
„Schmerzen, wie ich sie noch nie zuvor in meinem Leben hatte“[1] – so beschreibt eine Betroffene die heftigen, krampfartigen Bauchschmerzen, die fast alle Patient:innen (92 %) mit einer akuten Porphyrie kennen.[2],[3] Diese, nicht auf eine Stelle eingrenzbaren, diffusen Bauchschmerzen sind zwar das häufigste, nicht aber das einzige Symptom dieser seltenen Erkrankungen: Typischerweise treten auch weitere Symptome wie Übelkeit und Erbrechen, Angstzustände, Müdigkeit oder Schmerzen in den Gliedmaßen[4],[5] auf. Gerade diese unspezifischen, akut oder dauerhaft auftretenden Beschwerden stellen Ärztinnen und Ärzte vor große Herausforderungen. Daher kann es bis zu 15 Jahre dauern, bis die Erkrankung erkannt und diagnostiziert wird.[5] Bis dahin sind die Patient:innen mit verschiedensten Verdachtsdiagnosen, wie zum Beispiel Reizdarmsyndrom, Magenschleimhautentzündung, Endometriose, Fibromyalgie, Blinddarm- oder Gallenblasenentzündung, konfrontiert. Doch die Beschwerden kommen immer wieder, da die zugrunde liegende Erkrankung so lange unerkannt bleibt.
Beschwerden reißen Patient:innen vorübergehend mitten aus dem Leben
Meist treten die Symptome der akuten Porphyrie zum ersten Mal im jungen Erwachsenenalter auf. 83 % der Betroffenen sind Frauen, die bei den ersten Attacken zwischen zwanzig und vierzig Jahre alt sind.[5] Die Erkrankung trifft die Patient:innen somit in ihrer Ausbildung, im Berufsleben oder in der Familienphase. Die starken Symptome schränken berufliche und private Aktivitäten deutlich ein. Sie reißen die Patient:innen vorübergehend mitten aus dem Leben, um dann bis zur nächsten Attacke meist ganz zu verschwinden. Das kann dazu führen, dass Familie, Freund:innen und Kolleg:innen die wiederkehrenden Beschwerden als psychosomatisch einordnen.[5]
Ein einfacher Urintest kann einen ersten Hinweis geben
Verfärbt sich der Urin, der während oder nach einer Attacke aufgefangen wurde, beim Stehen an der Luft dunkel oder rötlich, kann das ein erster Hinweis auf eine akute Porphyrie sein. In diesem Fall und besonders bei Auftreten der typischen Symptomkombinationen mit heftigen Bauchschmerzen kann eine Ärztin oder ein Arzt mit einem Spot-Urintest die Konzentration von Porphobilinogen (PBG), Aminolävulinsäure (ALA) und Porphyrin bestimmen und die Krankheit diagnostizieren.[4],[6] Da die akute Porphyrie eine vererbte Stoffwechselerkrankung ist, bestätigt ein Gentest schließlich die Diagnose.[4]
Auslöser vermeiden und Beschwerden eindämmen
Das Tückische an der akuten Porphyrie ist, dass das Auftrete[n von Attacken unvorhersehbar ist und sie schon beim ersten Mal einen schweren Verlauf nehmen sowie zu anhaltenden Behinderungen führen können. Als Krankheitsursache werden erhöhte ALA- und PBG-Werte vermutet. Da die akute Porphyrie genetisch bedingt ist, ist eine Heilung nicht möglich. Es gibt inzwischen Behandlungsmöglichkeiten, die helfen können, die Gefahr von Attacken zu verringern.
Darüber hinaus ist es für Betroffene wichtig, die Faktoren zu kennen, die eine Attacke auslösen können. Dazu gehören neben Alkohol, Rauchen oder Stress auch bestimmte Medikamente, Fasten und extreme Diäten. Betroffene sollten ihre individuellen Auslöser im Alltag identifizieren und vermeiden.[6],[7] Hierbei kann das Führen eines Symptomtagebuchs wertvolle Unterstützung leisten. Wertvolle Tipps für das Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt und weitere hilfreiche Informationen finden Betroffene, Angehörige und Interessierte auf der Website www.lebenmitporphyrie.de.
Akute Porphyrie – Was ist das?
Die akute Porphyrie umfasst eine Gruppe seltener, genetisch bedingter Erkrankungen. Sie können zu möglicherweise lebensbedrohlichen Attacken führen, zu chronischen Beschwerden und zu langfristigen Komplikationen. In den USA und Europa haben etwa 5.000 Menschen mindestens eine Attacke pro Jahr, 1.000 Personen sind von häufigen und schweren Attacken betroffen, die jedes Jahr zu mehreren Krankenhausaufenthalten führen, und jede:r zweite Patient:in hat fast täglich chronische Symptome.[8],[9],[10],[11]
Auslöser der akuten Porphyrie ist ein Gendefekt, der zu einer eingeschränkten Funktion eines Enzyms führt, das in der Leber an der Bildung des Häms beteiligt ist. Aufgrund des erhöhten Bedarfs an Häm wird ein Enzym, das an der Synthese von Häm beteiligt ist, die Aminoluvälinsäure-Synthase 1 (ALAS1), hochreguliert.[8],[12],[13] Das führt zu einer Überproduktion der Stoffwechselprodukte PBG (Porphobilinogen) und ALA (Aminolävulinsäure). Man geht davon aus, dass diese Stoffwechselprodukte die Ursachen der typischen Symptome und Krankheitsbilder sind.[12],[13],[14]
Je nach Enzymdefekt werden drei ähnliche Typen der akuten Porphyrie unterschieden und eine extrem seltene Erkrankungsform, die als ALA-Dehydratase-Mangel-Porphyrie bezeichnet wird:[15]
– Akute intermittierende Porphyrie (AIP)
– Porphyria variegata (VP)
– Hereditäre Koproporphyrie (HCP)
Referenzen
[1] https://www.livingwithporphyria.eu/de, letzter Aufruf: 29.08.2023
[2] Anderson KE, Bloomer JR, Bonkovsky HL, et al. Ann lntem Med 2005;142(6):439-450
[3] Gouya L, Bloomer JR, Balwani M, et al. Presented at: 2017 International Congress on Porphyrins and Porphyrias; June 26, 2017; Bordeaux, France
[4] https://www.springermedizin.de/photodermatosen/porphyrien/porphyrien/19311876, letzter Aufruf: 02.04.2024
[5] https://www.livingwithporphyria.eu/de/ueber-ahp, letzter Aufruf: 02.04.2024
[6] https://www.livingwithporphyria.eu/de/ahp-diagnose, letzter Aufruf: 02.04.2024
[7] https://akuteporphyrie.de/porphyrie/was-ist-porphyrie.html, letzter Aufruf: 02.04.2024
[8] Puy H, Gouya L, Deybach JC. Lancet 2010;375:924-937
[9] Elder G, Harper P, Badminton M et al. J Inherit Metab Dis 2013;36(5) 849-857
[10] https://www.orpha.net/en/disease/detail/738, letzter Aufruf: 29.08.2023
[11] Gouya L, Ventura P, Balwani M et al. Hepatology. 2020;71(5):1546-1558
[12] Bissell DM & Wang B. Acute Hepatic Porphyria 2015;3(1):17-26
[13] Balwani M, Wang B, Anderson KE et al. Hepatology 2017;66(4):1314-1322
[14] Pischik E & Kauppinen R. Appl Clin Genet 2015;8:201-214
[15] https://new.porphyrianet.org/de/content/acute-porphyria, letzter Aufruf: 02.04.2024
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Quelle: ots